Weekly Sundae /// Atlanta Hawks
Nächste Woche widmen wir uns vollends den Playoffs. Vorher werfen wir allerdings den Blick auf ein Team, das über die gesamte Saison mit der Lotterie geplant und dennoch beeindruckende Entwicklungen auf dem Parkett gemacht hat: die Atlanta Hawks!
Data
Record
Gesamt: 29 – 51 /// diese Woche: 1 – 2
Standings
#12 Eastern Conference /// #5 Southeast Division
Opponents & Scores
L at Spurs /// 111 – 117
W vs 76ers /// 130 – 122
L at Magic /// 113 – 149
Team Leaders
Points Per Game /// John Collins
Assists Per Game /// Trae Young
Rebounds Per Game /// John Collins
Style of Play
Die Franchise befindet sich am Anfang eines Rebuilds und schielt bereits seit Saisonbeginn auf die Lotterie. Für die Entwicklung eines charakteristischen Spielstils sind das erschwerte Bedingungen. Lloyd Pierce hat diese komplizierte Aufgabe inmitten der Niederlagen gemeistert. In seinem ersten Jahr als Head Coach schaffte er es, bei dem jungen Team eine Spielphilosophie erkennbar zu machen – zumindest in der Offensive.
Der Wurf aus der Mitteldistanz findet in Atlanta nicht statt. Dreier und Abschlüsse am Ring will Pierce sehen. Modern und schnell soll es gehen. Nur sechs Mannschaften schließen ihre Angriffe im Schnitt früher ab. Ihre Rate an Würfen von draußen ist mit 40,3 Prozent die vierthöchste ligaweit. Aus der Restricted Area schließen ebenfalls nur drei Teams öfter ab als die Hawks.
Besteht keine Möglichkeit auf einen frühen Abschluss, hat Atlanta ein paar schöne Sets auf Lager, bei denen ihr Plan im Angriff erkennbar wird. Rookie Point Guard Trae Young steht im Mittelpunkt dieser Spielzüge. Seine hohen Pick-and-Rolls sind die Basis für den Großteil der Hawks-Offense im Halbfeld.
Ein beliebter Einstieg ist der sogenannte Double Drag: Zwei hohe Picks für Young werden direkt hintereinander gestellt. Einer der Blocksteller rollt zum Korb, der andere geht an die Dreierlinie. Young kann in diesem Play aus verschiedenen Optionen wählen.
Ihm ist anzumerken, dass er sich nach den ersten Monaten Eingewöhnungszeit endlich wohlfühlt in seiner Rolle. Er findet freie Schützen über mehrere Stationen, wirft präzise Lobpässe über die Verteidigung hinweg oder bedient seine Bigs in der Zone. Trae wirkt viel abgezockter und lange nicht mehr so nervös wie noch im November und Dezember.
Hier nutzt Young das Mismatch gegen DeRozan. Deyonta Davis und Vince Carter hätten den Double Drag zuvor durchaus sauberer stellen können, doch das Prinzip ist dasselbe: Davis rollt sich ab und Carter orientiert sich am Perimeter. Young zieht in der daraus entstehenden Isolation die Helpside auf sich und findet Davis frei unter’m Korb.
Der Double Drag mit Young am Ball wird regelmäßig gelaufen. Gegen Philadelphia fand Coach Pierce basierend auf dem Spielzug einen besonders kreativen Ansatz:
Das Play startet erneut mit den beiden Blöcken für Young. Doch in diesem Fall rollt sich Collins nicht zum Korb ab, sondern setzt für Huerter, der zuvor den ersten der beiden Picks gestellt hat, einen weiteren Block. Huerter zieht und bekommt den Pass, sobald er an Collins‘ Schulter vorbeirennt. Am Zonenrand trifft er auf einen größeren Verteidiger, netzt aber locker den Turnaround Jumper. Eine beeindruckende Szene – vor allem, weil zwei Rookies und ein Sophomore die Hauptakteure sind.
Kevin Huerter wurde letzten Sommer an 19. Stelle der Draft von den Hawks gewählt. Seine Quoten schwanken von Monat zu Monat, jedoch ist seine Wurfform so sauber, dass ich mir um seine Zukunft als Schütze keine Sorgen mache.
Im Laufe der Saison standen Young und Huerter immer öfter gemeinsam auf dem Feld. Huerter sorgt nicht nur für Spacing, sondern deutet auch an, dass er in Zukunft selbst Verantwortung als Playmaker übernehmen kann. Den Assist für Traes Dagger am Ende des Heimsiegs gegen Philly spielt Kevin als hätte er nie etwas anderes getan.
John Collins profitiert unheimlich von der Ankunft der beiden Guards. Der Sophomore ist eine Gefahr im Pick-and-Roll und hat schon über 150 Pässe von Trae in Punkte verwandelt – hauptsächlich Dunks und Alley-Oops.
Hier laufen sie ein frühes Pick-and-Roll, bei dem Collins in Richtung Korb abtaucht, bevor der Block wirklich steht. Der Slip überfordert die Verteidigung der Sixers. Der Rest ist Formsache für Young und Collins.
Alternativ lässt Coach Pierce dem Pick-and-Roll von Young und Collins ein Handoff vorausgehen. Trae kann dadurch mit Geschwindigkeit attackieren. Rotiert der gegnerische Center, geht der Lob zu Collins – Easy Money!
John Collins hat auch schon mehr gezeigt als athletische Dunks. Zumindest aus den Ecken ist auf ihn als Spot-Up Schütze Verlass. In 60 Spielen setzte er zwar nur 52 Mal zum Dreier an, doch 55,6 Prozent aus der linken und 40 aus der rechten Ecke sind traumhafte Quoten für den 21-Jährigen.
In Deandre Bembry fiel ein weiterer junger Spieler positiv auf. Bembrys Intensität in der Verteidigung kommt und geht noch zu oft. Wenn er ehrgeizig bleibt, kann er am Ball jedoch durchaus ein Plus-Defender sein. Ohne ihn lassen die Hawks fast vier Punkte mehr pro 100 Ballbesitze zu. Zeigt er konstanten Einsatz, könnte er neben den drei Top Talenten Young, Huerter und Collins zu einem wertvollen Rollenspieler heranwachsen.
Sein Dreier ist bisher noch viel zu unsicher, um maßgeblich zum Spacing beizutragen. Bembry ist aber dazu in der Lage, den Ball auf den Boden zu bringen und Plays zu starten. Aufgaben als Playmaker übernimmt er, während Young auf der Bank sitzt. Hier attackiert er nach einem Dribble Handoff mit Alex Len die Zone und schließt per Floater ab.
In direkter Korbnähe trifft Bembry immerhin knapp 55 Prozent seiner Würfe. Aus fast allen anderen Bereichen des Feldes liegen die Quoten des 24-Jährigen jedoch noch weiter unter dem Ligadurchschnitt. Bembry muss unbedingt an seinem Wurf arbeiten, sofern er eine langjährige Zukunft als Rollenspieler anstrebt.
Verdict
In Trae Young und Kevin Huerter sicherte General Manager Travis Schlenk der Franchise aus Georgia ihre eigene Version einer potenziellen Splash Brother-Paarung. Schlenk war über ein Jahrzehnt Teil des Front Office der Golden State Warriors und mit dabei, als Steph Curry und Klay Thompson gedraftet wurden. Auch Lloyd Pierce hat eine Vergangenheit in der Bay Area. Von 2010 bis 2011 nahm er als Assistent auf der Trainerbank Platz.
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Young und Huerter bringen ähnliche Skillsets mit wie Steph und Klay. Die Liaison von Coach und GM zur Dynastie der Warriors ist auch da. Wer sagt, die Hawks wären deshalb die künftigen Dubs des Ostens, muss sich jedoch schnell wieder beruhigen!
Natürlich versuchen andere Franchises, das Konstrukt nachzubilden und die Hawks scheinen auch den Grundstein dafür legen zu wollen. Doch das, was die Warriors über Jahre aufgebaut haben, machst du nicht einfach so nach! Golden State ist unter Umständen das beste Team aller Zeiten.
Gerade defensiv haben die Hawks noch einiges aufzuholen. Hinter dem jungen Kern um Young, Collins und Huerter stehen in der Verteidigung mehrere Fragezeichen: Kann Young trotz seiner Größe jemals ein neutraler Verteidiger werden? Lernt Collins kleinere wie größere Spieler zu stoppen? Inwieweit verbessern sich die jungen Spieler, was ihr Verständnis und das Antizipieren von Rotationen in der Defensive angeht?
Beachtlich ist dennoch, wie konsequent Atlanta den Plan von Pierce offensiv umsetzt. Sie spielen nicht nur mit hoher Intensität, sondern auch mit Verstand. Die drei besten Spieler sind nicht älter als 21 Jahre und wissen schon, wie sie ihre Würfe bekommen.
Die Arbeit von Head Coach Lloyd Pierce und die Entwicklung von Trae Young muss hier unbedingt hervorgehoben werden. Sie haben es in der laufenden Saison geschafft, der Mannschaft offensiv eine Identität zu verleihen. In Zeiten des Tankings und dem klaren Plan, wieder in der Lotterie zu stehen, ist das bemerkenswert. Nicht jede Franchise ist dazu in der Lage!
Beim Trio um Young, Collins und Huerter zeichnet sich bereits in deren erster gemeinsamen Saison ab, dass ihr Spiel gut miteinander funktionieren kann. Ich bin guter Dinge, dass Atlanta spätestens ab 2020/21 im Schneckenrennen um die letzten Playoffplätze im Osten mitmischen wird.
–––birds flying high ATL skrrrrrrrt–––
***Alle Statistiken per stats.nba.com /// bkref.com /// inpredictable.com (07.04.2019)***