Preview Scoops /// Toronto Raptors
Der Umbruch in Toronto musste kommen – früher oder später. Aufgrund von immer wiederkehrenden desolaten Auftritten in den Playoffs, vor allem gegen LeBron Teams, sah sich General Manager Masai Ujiri gezwungen, etwas zu verändern. Nicht nur der zum Coach of the Year gewählte Dwane Casey wurde entlassen. Auch der Top Scorer des Teams DeMar DeRozan fiel der Umstrukturierung der Franchise zum Opfer.
Who’s In /// Who’s Out
In | Out |
Kawhi Leonard /// SF | DeMar DeRozan /// SG |
Danny Green /// SG | Jakob Poeltl /// C |
Kay Felder /// PG | Malcolm Miller /// PF |
Greg Monroe /// C | Lucas Nogueria /// C |
Eric Moreland /// C | Alfonzo McKinnie /// PF |
Jordan Loyd /// PG | |
Kyle Collinsworth /// SF | |
Chris Boucher /// PF, C | |
Deng Adel /// C |
Welcome to the North pic.twitter.com/FWy6huVI9l
— Toronto Raptors (@Raptors) 20. Juli 2018
Über allem, was in Toronto in diesem Sommer geschehen ist, stand der Trade für Kawhi Leonard. Sein Tauziehen mit der wohl beständigsten Franchise der Liga aus San Antonio endete mit dem Tausch für DeMar DeRozan, Jakob Poeltl und einem First Rounder für nächstes Jahr – obendrein bekamen die Raptors noch Danny Green. Obwohl Kawhi und Konsorten über verschiedene Medien verlauten ließen, im kommenden Sommer ausschließlich bei den Lakers verlängern zu wollen, entschied sich Ujiri dafür, alles auf eine Karte zu setzen. Er verpflichtete in Leonard den vielleicht besten Two-Way Spieler der NBA. Wie im Bild oben zu sehen ist, hat es Ujiri scheinbar schon jetzt geschafft, dem sonst emotionslosen Leonard wenigstens ein kleines Lächeln zu entlocken.
Die Tatsache, dass die Raptors einen Trade für ihn einfädeln konnten, ohne einen der Top-Nachwuchsspieler abzugeben (OG Anunoby, Pascal Siakam, Delon Wright), ist nahezu unfassbar. Im Vergleich mit DeRozan ist Kawhi, sofern er fit bleibt, die klar bessere Option – auf beiden Seiten des Feldes. Vor allem am defensiven Ende liegen Welten zwischen den beiden Stars. Leonard kann immer den besten Spieler des Gegners verteidigen und offensiv mindestens genauso gut für seine Mitspieler kreieren, wie das DeRozan tat. Außerdem hat Kawhi bereits mehrfach bewiesen, dass er, im Gegensatz zu DeRozan, auch in den Playoffs abliefern kann.
Die Verteidigung ist mit dem neu konzipierten Kader deutlich verbessert. Neben Kawhi Leonard wird auch Danny Green seinen Teil dazu beitragen. Der 31-Jährige ist allerdings nicht mehr der defensive Stopper, der er früher mal war. Es wird interessant sein zu sehen, inwiefern er ohne die Instruktionen eines Gregg Popovich fähig sein wird, auf dieser Seite des Balles weiterhin konstant über Durchschnitt zu agieren. Aufgrund von Erfahrung und immer noch vorhandener Qualitäten als Verteidiger bleibt Green für den neuen Trainer Nurse dennoch ein flexibel einsetzbarer Baustein. Wie bereits in vergangenen Jahren wird er durch die Präsenz von Leonard davon befreit, es dauerhaft mit den besten Flügeln der Kontrahenten aufnehmen zu müssen. Hinzu kommt die zuverlässige Dreierquote des Guards, der es in seiner Karriere lediglich zwei Mal versäumte, mehr als 36 Prozent seiner Dreier zu netzen (als Rookie und 2015/16).
OG Anunoby und Pascal Siakam haben bewiesen, dass ihre Stärken definitiv in der Defensive liegen. Beide Spieler werden in ihrem zweiten und dritten Jahr jedoch Schritte nach vorne machen müssen, was ihre offensive Produktion angeht. Dank ihrer Fähigkeit, mehrere Positionen zu verteidigen, sind sie trotzdem schon jetzt extrem wertvoll für die Vorhaben der Raptors. So gesehen ist der Abgang von DeRozan, der in der Verteidigung ein deutliches Minus darstellte, mehr als nur zu verkraften. Ohne DeRozan auf dem Feld erzielten gegnerische Teams 6,1 Punkte weniger pro 100 Ballbesitze in 2017/18. Toronto wird demnach also besser dran sein ohne DeRozan.
Der Abgang von Jakob Poeltl schmerzt ein wenig mehr als der des Shooting Guards. Der Big Man hat letzte Saison gezeigt, dass er wertvolle Minuten zur Rotation beitragen kann. Poeltl absolvierte alle 82 Spiele der Regulären Saison und zeigte dabei konstante Leistungen von der Bank: 18,6 MIN, 6,9 PTS, 4,8 REB, 1,2 BLK, 65,9% FG). Zwar ist er weit davon entfernt, als Floor Spacer zu fungieren, jedoch erfüllt er die Rolle eines soliden, modernen Backup Centers, der das Tempo von kleinen Lineups problemlos mitgehen kann.
Der Spieler, der in der Rotation an Poeltls Stelle treten soll, ist ein Neuzugang. Greg Monroe heuerte für die kommende Saison an und soll nun den Backup hinter Jonas Valanciunas geben – angesichts der spielerischen Ausrichtung eine fragliche Verpflichtung. Monroe spielt eher mit dem Rücken zum Korb und ist nicht bekannt als moderner Big, der ein schnelles Spiel mitgehen und effektiv als Roll-Man agieren kann.
Dies wird Coach Nurse allerdings von seinen Bigs verlangen. Der ehemalige Assistent von Dwane Casey war im letzten Jahr mitverantwortlich für die neue strukturierte Offensive der Raptors. In den Jahren zuvor pflegte es Coach Casey, vorwiegend Isolationen für seine beiden Stars Lowry und DeRozan zu laufen. Ballbewegung und frühe Abschlüsse waren oft eine Fehlanzeige. Im letzten Jahr kam dann der Umbruch: Nurse installierte eine schnellere, passfreudigere Offensive. Viele der Lineups bestanden aus drei Guards, die primär im Pick-and-Roll eingesetzt wurden. Dies verhalf den Raptors zu Platz eins im Osten nach 82 Spielen.
Um diesen Spielstil im kommenden Jahr so fortführen zu können, war es wichtig, Fred VanVleet alias die Mikrowelle von der Bank, mittelfristig an die Franchise zu binden. Der aufkommende Point Guard war eine der Überraschungen der letzten Saison und stand zurecht in der engeren Auswahl zum besten sechsten Mann der Liga. Sein Vertrag über 18 Millionen Dollar und zwei Jahre gilt als teamfreundlich angesichts der immens wichtigen Rolle, die er in seinem zweiten Jahr als NBA-Profi erfüllte.
Outlook
Mit der Beförderung von Nick Nurse zum Head Coach entschied sich GM Ujiri für eine hauseigene Lösung auf der Trainerposition. Nurse wird sich als Oberhaupt des Teams erst beweisen müssen. Allerdings spricht seine tragende Rolle in der offensiven Umorientierung schon jetzt für ihn. Zudem eröffnet ihm sein Kader auf beiden Seiten des Balles eine Vielzahl an Möglichkeiten.
Defensiv wie offensiv stehen die Raptors nach diesem erfolgreichen Sommer deutlich besser dar als letztes Jahr. Der Kader ist ausgewogen konzipiert und erscheint besonders hinsichtlich der Playoffs so vielversprechend wie nie zu sein. Über die Saison hinweg wird die Franchise alles dafür tun müssen, Kawhi Leonard von einer Verlängerung in Toronto zu überzeugen. Meiner Meinung nach stehen die Chancen dafür gar nicht mal so schlecht. Toronto ist zwar ein weniger attraktiver Markt als Los Angeles, allerdings steht das Land wie kaum ein anderes hinter seinem Team. Auch die sportlichen Aussichten sind keineswegs zu vernachlässigen. Toronto besitzt nach den Celtics vielleicht den tiefsten Kader im Osten und hat eine gute Mischung gefunden aus jungem Talent und erfahrenen Veteranen.
Kein Mensch weiß, was im Kopf von Kawhi Leonard vorgeht. Mit ihm steht und fällt alles in Toronto. Sollte er sich dazu entscheiden zu bleiben, darf Toronto nicht nur diese Saison auf eine Finalteilnahme hoffen. Verlässt er die Franchise schon nach dieser Spielzeit, wird Ujiri den Markt sondieren und versuchen, möglichst viel junges Talent und Draft Picks für seine Veteranen zu bekommen (Kyle Lowry, Jonas Valanciunas, Serge Ibaka, Danny Green, CJ Miles). Der endgültige Rebuild käme in diesem Fall dann nächsten Sommer. Der hätte schon diesen Sommer kommen müssen, doch Ujiri schaffte es, seinem Team trotz markanter Veränderungen die vielleicht beste Chance der Franchisegeschichte auf eine Finalteilnahme zu geben.
SC-SCOOP-SCOOOP
***Alle Statistiken per bkref.com (24.09.2018)***