Preview Scoops /// Houston Rockets
Ist das Titelfenster der Rockets schon wieder geschlossen? Nach dem ersten gemeinsamen Jahr von James Harden und Chris Paul sieht sich die Franchise aus Houston unausweichlich mit dieser Frage konfrontiert. Die jüngsten Veränderungen des Kaders sorgten auf dem Papier nicht dafür, dass die Lücke zu den Warriors kleiner wurde. Gar das Gegenteil könnte der Fall sein.
Who’s In /// Who’s Out
In | Out |
Carmelo Anthony /// SF, PF | Trevor Ariza /// SF |
James Ennis /// SF | Luc Richard Mbah a Moute /// SF |
Brandon Knight /// PG | Ryan Anderson /// PF |
Marquese Chriss /// PF, C | Tarik Black /// C |
Michael Carter-Williams /// PG | Chinanu Onuaku /// C |
Bruno Caboclo /// SF | Joe Johnson /// SG |
Isaiah Hartenstein /// C | RJ Hunter /// SG |
Vincent Edwards /// SF | Markel Brown /// PG, SG |
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Nachdem Chris Paul, 33, einen Maximalvertrag über vier Jahre und 160 Millionen Dollar unterschrieb, blieb Houston wenig bis kein Spielraum auf dem Free Agent Markt. Zudem musste General Manager Daryl Morey harte Verhandlungen mit Clint Capela und dessen Agenten führen. Die Situation zog sich hinaus bis Ende Juli, bevor der Center schlussendlich für fünf Jahre und 90 Millionen Dollar verlängerte. 80 Millionen davon hat Capela sicher. Zehn Millionen muss er sich basierend auf individuellem Fortschritt und Teamerfolg dazuverdienen – ein sehr freundlicher Vertrag aus Sicht der Franchise.
So kam es dazu, dass Houston auf dem Free Agent Markt keine großen Sprünge tätigen konnte. Lediglich Michael Carter-Williams und James Ennis unterzeichneten Minimalverträge. Außerdem stößt der deutsche Nationalspieler Isaiah Hartenstein diese Saison zum Profikader der Rockets. Nachdem er letztes Jahr gedraftet wurde, entschied er sich selbst dafür, in der G-League für das Farmteam von Houston zu spielen, den Rio Grande Valley Vipers. Dort konnte er sich an die Physis des NBA-Spiels gewöhnen und wurde mit den Aufgaben eines Centers im System der Rockets vertraut gemacht.
Neben diesen kleineren Verpflichtungen, kam es in Houston noch zu einer prominenteren Verpflichtung: Carmelo Anthony unterschrieb nach seinem Trade zu den Hawks und dem dortigen Buyout ebenfalls fürs Veteranen-Minimum. Nach dem statistisch gesehen mitunter schlechtesten Jahr seiner Karriere und seinem Untergang in den Playoffs (11 PPG, 37,5% FG, 21,4% 3P in der Serie gegen die Utah Jazz) führt es den Scoring Champ von 2013 nun nach Houston, Texas. Was kann ein alternder Melo zum Erfolg dieser Mannschaft noch beitragen? Wird er bereit sein, zurückzustecken und von der Bank zu kommen? Im Interview nach dem Playoff-Aus der Thunder machte sich Anthony noch lustig über Fragen nach einer eventuellen Rolle in der zweiten Garde.
In Houston scheint es allerdings nicht abwegig zu sein, dass Anthony nicht zu den fünf nominellen Startern gehören wird. Coach Mike D’Antoni ließ im Sommer verlauten, dass Anthony bereit sei, eine Bankrolle anzunehmen. Coach verdeutlichte jedoch auch, dass diesbezüglich noch nichts in Stein gemeißelt sei. Er wolle diese Entscheidung in Hinblick darauf treffen, was das Beste für sein Team sei.
Basketball-taktisch hatten D’Antoni und Anthony nicht immer dieselben Auffassungen. Während ihrer gemeinsamen Zeit in New York trafen zwei Spielphilosophien aufeinander, woraufhin D’Antoni vorzeitig seinen Dienst als Head Coach der Knicks quittierte. Mittlerweile haben beide diesen Zwist hinter sich gelassen – so heißt es zumindest.
Melo wird im kommenden Jahr noch häufiger in Catch-and-Shoot Situationen eingesetzt werden als bei OKC. Der einstige Superstar wird sich damit begnügen müssen, nicht mehr jeden Angriff seine eigene Isolation laufen zu dürfen. Dafür haben die Rockets mit Harden und Paul zu effektive Spielmacher in ihren Reihen. Unter keinen Umständen wird Coach D’Antoni den Ball aus den Händen der beiden Aufbauspieler nehmen und Melo freies Geleit im Angriff gewähren. Letztes Jahr tat Anthony sich bekanntlich schwer damit, diese Rolle zu akzeptieren. Houston hofft darauf, dass Melo sich mit dieser Aufgabe besser anfreunden wird als zuvor und so zu einer effizienten dritten oder vierten Geige reift. Dies ist keine unbegründete Hoffnung, denn Harden und Paul werden für ihn noch freiere Würfe kreieren und bessere Pässe zuspielen, als Russell Westbrook letztes Jahr dazu in der Lage war.
Defensiv sind bei Anthony bereits alle Züge abgefahren. Die meiste Zeit seiner Karriere hat er gezeigt, dass er nicht motiviert ist zu verteidigen. PJ Tucker und Konsorten werden alle Hände voll zu tun haben, Melos Schwächen in der Verteidigung zu kompensieren. Spieler wie Trevor Ariza oder Luc Richard Mbah a Moute hätten hinsichtlich dieser Tatsache sicherlich geholfen. Beide waren über weite Strecken exzellent in ihrer Rolle als vielseitige Verteidiger. Vor allem Ariza war in den Playoffs ein Grundstein dafür, dass Houston in den Conference Finals gegen die Warriors kompetitiv war. Allerdings hat Morey diese beiden Eliteverteidiger im Sommer ziehen lassen und bisher noch nicht für adäquaten Ersatz gesorgt.
Carmelo Anthony sollte nicht missverstanden werden als Ersatz für diese defensiven Stopper. Vielmehr ersetzt er den aussortierten Ryan Anderson, der sich in den Playoffs als unspielbar entpuppte. Seit mindestens einem Jahr versuchte sich Daryl Morey darin, den Albatrossvertrag von Anderson loszuwerden – bis vor Kurzem erfolglos. Mittlerweile hat er einen Tauschpartner für den in Missgunst gefallenen Stretch-Vierer gefunden: Die Phoenix Suns gingen letztendlich einen Deal ein, der Anderson und die Draftrechte an DeAnthony Melton (46. Pick 2018) nach Arizona und Brandon Knight sowie Marquese Chriss nach Houston schickten. Zwar konnten die Rockets mit diesem Tausch keinen Flügelverteidiger an Land ziehen, jedoch erhielten sie zwei Spieler, die dem Team im Idealfall anderweitig helfen könnten.
Knight kommt von einem Kreuzbandriss zurück und hat seit seiner Zeit in Milwaukee nicht mehr auf NBA-Starterniveau gespielt. In Houston müsste er das auch nicht. Hinter Harden, Paul und Eric Gordon wird er höchstens als vierter Guard begrenzte Spielzeit vorfinden. Sollte sich einer der drei Guards jedoch verletzen, könnte Knight von D’Antonis Pick-and-Roll lastigen System profitieren. Ansonsten ist sein mit knapp 15 Millionen Dollar dotierter Vertrag leichter in einen Deal einzubinden, als die 20 Millionen von Ryno.
Marquese Chriss konnte sich als NBA-Spieler bisher keineswegs etablieren. Abseits seiner herausragenden Athletik hat er noch nicht viel gezeigt. Jedoch ist er erst 21 Jahre alt und besitzt noch Entwicklungspotenzial. Sein Wurf von der Dreierlinie ist unter Ligadurchschnitt und sehr unkonstant. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird Chriss hauptsächlich als Rim Runner agieren und Clint Capela ab und zu eine Verschnaufpause verschaffen. Inwieweit er sein Potenzial in dieser neuen Situation ausschöpfen kann muss er erst noch unter Beweis stellen. Primär verjüngt er also den alternden Kader der Rockets, wird aber womöglich diese Saison noch nicht merklich zum Erfolg des Teams beitragen können. Den ein oder anderen Alley-Oop wird Chriss dahingegen bestimmt zum Besten geben.
Das angesprochene Loch, welches auf den Flügelpositionen aufklafft, wurde vorerst nur mit James Ennis versucht zu schließen. Der Small Forward besitzt die erforderliche Länge und Athletik, um Teile von Arizas Aufgaben zu übernehmen. Allerdings muss er sich als Schütze von draußen verbessern und an seiner lateralen Schnelligkeit sowie dem Spielverständnis in der Verteidigung arbeiten. Sein ehemaliger Defensivcoach aus Memphis, Jeff Bzdelik, hätte ihm in diesen Belangen sicher weiterhelfen können. Bzdelik war in den letzten zwei Jahren für die verbesserte und switch-freudige Defensive der Rockets verantwortlich. Jetzt muss D’Antoni jemand anderen für den Job finden, denn Bzdelik verkündete überraschend seinen Ruhestand.
Bzdelik’s departure so close to the start of training camp means his responsibilities will likely be spread over Mike D’Antoni’s staff, with assistant Roy Rogers undoubtedly taking on a greater role with the defense.
https://t.co/jXaE28vcBB— Adrian Wojnarowski (@wojespn) 17. September 2018
Outlook
Die Abgänge von Ariza und Mbah a Moute schmerzen. Sie standen symbolisch für die elitäre Defense und werden mit dem momentanen Kader nur begrenzt zu ersetzen sein. Viel Hoffnung in defensiver Hinsicht lastet auf Ennis, der keineswegs als Stopper bekannt ist, sondern im Fastbreak von seiner Athletik lebt und das Potenzial hat ein solider Spot-Up Schütze zu sein.
Bei Carmelo Anthony ist unklar inwiefern er dieses Team besser macht. Offensiv waren Harden und Co. bereits historisch brilliant. Die Baustellen befinden sich auf der Seite des Balles, auf der Melo über seine Karriere hinweg negativen Einfluss ausübte.
In der Regulären Saison werden sich diese Schwierigkeiten nur begrenzt bemerkbar machen. Houston wird auch wie letztes Jahr um Platz eins im Westen mitspielen und deutlich mehr als 50 Siege einfahren. Vielmehr sollte sich die Franchise um die Playoffs sorgen. Dort werden sie merken, wie wichtig beispielsweise ein Trevor Ariza für ihr Vorhaben in der Verteidigung gewesen ist.
Zwar hat Daryl Morey erneut sein berüchtigtes Risiko-Profil erhöht, benötigt bis Ende Februar allerdings noch das letzte Puzzlestück in Form eines Flügelverteidigers – per Trade oder auf dem Buyout Markt Mitte/Ende Februar. Houston besitzt im Gegensatz zu den meisten Contendern noch den Großteil der Taxpayer Midlevel Exception.
Denn um erneut gegen Golden State kompetitiv zu sein, fehlt Houston noch dieser eine Three-and-D Spieler. Sollte Morey keinen Spieler vom Kaliber eines Kent Bazemore oder Courtney Lee auftreiben können, ist das Titelfenster der Rockets womöglich früher wieder zu, als es Rockets-Fans und der Franchise lieb ist.
***Alle Statistiken per bkref.com (17.09.2018)***